Auf dem Ritter-Gerin-Weg

Foto: Klaus Schillo

mit einem überraschenden Highlight

von Barbara Kobza
Bei heftigem Wind und Sonnenschein trafen sich alle TeilnehmerInnen pünktlich auf dem Kübelberger Marktplatz. Die Erleichterung über das Wetter war allen anzusehen, besonders mir fiel deshalb ein Stein vom Herzen. Um uns thematisch einzustimmen, begannen wir mit einer kurzen Einführung ins Kulturhaus Kübelberg (Internet: Kulturhaus Kübelberg)
Steffi Kaiser vom Kulturteam der Ortsgemeinde Schönenberg-Kübelberg zeigte stolz das Innere und Äußere des Museums. Ein altes Schulhaus und eine angrenzende Scheune wurden vor Jahren sehr geschmackvoll und in alter Lehm-Fachwerk-Bauweise zum Museum umgebaut. Es beinhaltet ein stilvolles Trauzimmer.
Die Weinbar/Restaurant DESTINO im Gebäude (Internet:www.destino-kuebelberg.de) ist in die Kulturveranstaltungen eingebunden. Eine interessante Speisekarte erlaubt den Gästen in gemütlicher Atmosphäre zu essen oder aber nur einen guten Wein zu trinken; im Sommer natürlich draußen. Im Angebot sind auch Weinproben von Winzern aus Rheinland-Pfalz.

Foto: Petra Scholer

Foto: Thomas Wolf

Im Museum hat der Historische Verein mit zur Erstellung eines Films zum Ritter Gerin beigetragen und viele Exponate ausgestellt, die für den Hintergrund der Wanderung sehr interessant sind. Weil „Kebelenberg“ im Mittelalter eine Gerichtsbarkeit hatte, durften Straftäter bis hin zur Todesstrafe verurteilt werden. Diese Richtstätten und den Pranger galt es auf der Wanderroute zu besuchen.

Direkt auf dem Kübelberger Marktplatz steht der neu errichtete Pranger und der nachempfundene Gerichtsturm. Im Turm musste der Türmer (Wächter) die verurteilte Person bewachen. Da es immer um Abschreckung ging, sollte die Bestrafung gut sichtbar sein. Die Straftäter wurden vom Schultheiß wegen Beleidigung, leichtem Diebstahl, Betrug usw. zu einer Ehrenstrafe verurteilt. Sie mussten sich dabei der gesamten Bevölkerung zeigen, damit sie ihr schändliches Tun bereuen konnten. Oft wurden sie zusätzlich mit faulem Obst, Abfall und Fäkalien beworfen.

Foto: Klaus Schillo
Foto: Klaus Schillo

Schlimmere Straftaten führten zum `Köpfen´ oder `Rädern´, das die Henker dann auf dem heute im Wald versteckten Rabentisch vollzogen. „Ich fühle mich wie gerädert, werde ich so schnell nicht mehr sagen“, kommentierte eine Teilnehmerin, als die Methode von der Wanderführerin Barbara Kobza erläutert wurde. Die Leichen verblieben dort und wurden von den Raben verspeist, was der Blutrichtstätte diesen Namen einbrachte.

Übrigens war der Henker ein unehrenhafter Beruf; keiner wollte mit diesen Menschen etwas zu tun haben. Das galt übrigens auch für Totengräber, Müller, Leinenweber, Gerber, Gaukler … . Also für alle Berufe, die `schmutzig` waren und denen Betrug unterstellt wurde oder, die niemand selbst tun wollte, die aber gebraucht wurden. Ein kleiner positiver Effekt: aus den Henkern, die sich mit dem menschlichen Körper gut auskennen mussten, entwickelten sich lange danach Chirurgen.

Mit kleinem Stopp am Heidenweiher, der früher für die Brauereien wichtig war (s. Bierkeller), gings zum Galgen weiter.

Foto: Klaus Schillo
Klaus Schillo

Er  liegt am Glan-Blies- Radweg und viele RadfahrerInnen kennen ihn gut. Es war eine Halsgerichtsstätte, wo der Tod durch den Strang erfolgte. Abschreckung war auch hier das Ziel dieser Urteile. Es gab immer viele Zuschauer und manchmal ein Volksfest dazu. Die Gehängten blieben über längere Zeit gut sichtbar für alle an der damaligen Straße von Mainz nach Metz hängen. Schön ist es, dass heute dort eine gemütliche Bank steht, die von vielen Menschen als Ruhebank genutzt wird und es mit den Grausamkeiten ein Ende hat. Wir blieben nicht lange sitzen, da es ja noch ein gutes Stück zum Rittermahl zu laufen gab.

Foto: U. Kobza
Foto: Klaus Schillo

Nach der Abkehr von den grausamen Plätzen und mit Vorfreude auf das Rittermahl überraschte Thomas Wolf (Ortsbürgermeister) die Wandergruppe mit einer Vorpremiere: “Ich habe einen Schlüssel dabei, der zum historischen Bierkeller in Schönenberg passt. Die Eröffnung ist zwar erst im Frühjahr 2024, aber wenn wir schon vorbeigehen, möchte ich ihn für euch heute gerne aufschließen.“ Da hat natürlich niemand abgelehnt. Alle waren neugierig. „Ich war vor Jahren schon mal dort, bin gespannt wie es nun umgebaut ist“, sagte ein Teilnehmer. Die Arbeiten zur Sicherung, Entwässerung und der Barrierefreiheit liefen über mehrere Jahre. Jetzt sah es schon fast perfekt aus. Schilder, Treppenlift für Immobile, Infotafeln und Notausgänge – alles von der Baubehörde und dem Brandschutz abgenommen. Mit Kopftuch, Helm und Überschuhen waren die Sicherheitsmaßnahmen ergriffen und die interessante Besichtigung startete. Große Menschen waren froh über den Helm. Herr Wolf stellte den Zusammenhang des Eisbrechens am Heidenweiher mit den Schächten im Bierkeller her. Das gebraute Bier musste unter Stroh und Eis kühl gehalten werden. Die Eisblöcke sind im Heidenweiher geschlagen worden und nach dem Transport über Schächte in die Keller der jeweiligen Brauerei eingelagert gewesen. Das Bier sollte sich ja bis zur Kerwe halten. Auch einen Fluchtraum, der ein beengendes Gefühl aufkommen ließ, ist dort zu sehen und zu erleben. Keiner möchte dort je wieder Unterschlupf suchen müssen.  Ab Mitte 2024 stehen „Bierwanderungen“ an, versprach Thomas Wolf.

Foto: OG Schönenberg-K

Angefüllt mit tollen Eindrücken, überraschenden Fakten und der Freude auf die Eröffnung im nächsten Jahr begann die letzte Etappe. Es war schon dunkel um 18 Uhr und leichter Nieselregen fiel, als man das Restaurant Destino in Kübelberg erreichte. Die Zeit war verflogen und der Hunger war da. Der Wirt David Savelkouls servierte ein Rittermahl. Im Warmen und Trockenen genossen alle das schöne Arrangement und die Speisen.

Es durfte allerdings mit Messer, Gabel und Löffel gegessen werden. Ganz so streng wurde die Ritterzeit dann doch nicht genommen. Zumal die Gerichtsbarkeit heute deshalb auch Niemanden mehr derart verurteilt. Zum Glück!  Ein wunderbarer Abschluss für einen Novembertag.

In der RHEINPFALZ gab es bereits einen Bericht: